Grossratswahlen 2022: Wahlresultate und Analysen
im Bild v.l.: Ernst Tanner, Dominik Blatti, Jakob Schwarz, Katharina Baumann, Samuel Kullmann, Johann Ulrich Grädel
Ergebnisse der kantonalen Wahlen 27.03.2022
Bei den Grossratswahlen vom 27. März konnte die EDU einen Sitz gewinnen und damit ihre Fraktion von 5 auf 6 Mandate erweitern. In dieser Standpunkt-Ausgabe kommen die Wiedergewählten sowie der neu gewählte Dominik Blatti mit persönlichen Aussagen zu Wort. In der Mai-Ausgabe folgt eine Analyse mit interessanten Daten und Fakten zu den Wahlen.
Kommentar
Jakob Schwarz
Meine Freude über das Wahlresultat ist sehr gross. Ich gebe zu, dass ich vorgängig ziemlich darum gebangt habe, ob wir unsere Fraktion halten können. Umso mehr bin ich jetzt dankbar und erleichtert, dass wir unsere Vertretung im Grossen Rat sogar um einen Sitz ausbauen konnten. Wir haben dies mit einem beachtlichen Stimmenzuwachs und einer geschickten Listenverbindung erreicht.
Da die Mehrheitsverhältnisse zwischen Links und Rechts in der kommenden Legislatur noch knapper sein werden als bisher, werden wir noch öfter das Zünglein an der Waage spielen, oder zu guten Kompromiss-Lösungen beitragen können. Die Stimmen-Differenz die wir mit 6 Ja- oder 6 Nein-Stimmen schaffen können, beträgt 12 Stimmen, was doch erheblich ist.
Die definitiven Fraktionsbildungen werden in den nächsten Tagen erfolgen. Ich gehe aber davon aus, dass wir auf Grund unseres Resultats neu vier Kommissions-Sitze besetzen können. Welche Kommissionen das sind und wer darin Einsitz nehmen wird, ist Gegenstand von Verhandlungen unter den Parteien, die in den nächsten Wochen stattfinden.
EDU verteidigt Fraktionsstärke, gewinnt Sitz und Wähleranteil
Pressecommuniqué vom 28.03.2022
Die EDU Kanton Bern ist sehr erfreut über die Ergebnisse der Grossratswahlen.
Die EDU konnte ihren Wähleranteil in allen Wahlkreisen ausser dem Berner Jura und der Stadt Bern ausbauen. Erstmals seit 2006 ist der gesamtkantonale Wähleranteil der EDU wieder gestiegen (+0,4%) und im Wahlkreis Oberland konnte ein Sitzgewinn verbucht werden.
Die EDU Kanton Bern gratuliert dem neu gewählten Oberländer EDU-Grossrat Dominik Blatti aus Oberwil i.S. und freut sich über die Wiederwahl von Fraktionspräsident Jakob Schwarz und der Grossratsmitglieder Katharina Baumann, Hansueli Grädel, Ernst Tanner und Samuel Kullmann.
Obwohl im Berner Jura kein Sitzgewinn möglich war, feiert die EDU den erstmaligen Einzug in den bernjurassischen Rat mit Bernard Gafner aus Corcelles.
Ebenfalls gratuliert die EDU den neu und wiedergewählten Regierungsratsmitgliedern und begrüßt, dass die bürgerliche Mehrheit bestehen bleibt.
Die erstarkte EDU-Fraktion wird sich auch in der kommenden Legislatur mit ihren christlichen Grundwerten für eine konstruktive Politik und innovativen Lösungsvorschlägen in der Kantonspolitik einsetzen.
Benjamin Carisch, Kantonalpräsident
Jakob Schwarz, Fraktionspräsident
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Dankbarer Wahlrückblick
Benjamin Carisch, Präsident EDU Kanton Bern
Standpunkt Nr. 5 – Mai 2022
Neu 6-köpfige EDU-Fraktion
Besonders sticht der Sitzgewinn im Wahlkreis Oberland heraus. Die 800-Einwohner-Gemeinde Oberwil im Simmental hat nicht nur einen Nationalrat, sondern mit Dominik Blatti jetzt auch noch einen Grossrat erhalten. Die neu 6-köpfige EDU-Fraktion wird in der kommenden Legislatur einen Kommissionssitz mehr erhalten und auch künftig zwischen bürgerlichen Parteien und Mitte- Links das Zünglein an der Waage sein können.
Ermutigend ist zudem, dass Fraktionspräsident Jakob Schwarz und die bisherigen Grossratsmitglieder Katharina Baumann, Hansueli Grädel, Ernst Tanner und Samuel Kullmann deutlich bestätigt wurden und fast alle persönliche Rekordstimmen erzielten.
Trendwende eingeleitet
Nachdem die EDU im Kanton Bern seit 2006 mit jeder Wahl leicht an Wähleranteil und Wählerstimmen verlor, war es für uns besonders wichtig, dass mit den Grossratswahlen 2022 zum ersten Mal eine Trendwende erreicht wurde. Der Wähleranteil konnte in allen Wahlkreisen, ausser dem Berner Jura und der Stadt Bern, ausgebaut werden. Obschon im Berner Jura kein Sitzgewinn im Grossen Rat möglich war, feiert die EDU mit Bernard Gafner aus Corcelles den erstmaligen Einzug in den bernjurassischen Rat. Mit einer guten Aufbauarbeit liegt auch dort ein Sitzgewinn im Grossen Rat in vier Jahren drin.
Bei allen Erfolgen bleibt jedoch auch eine gewisse Enttäuschung in den Wahlkreisen zurück, wo es knapp nicht gereicht hat. In Biel-Seeland fehlten 20 Wähler (ganze Listen) und im Wahlkreis Mittelland-Nord hätten 176 zusätzliche EDU-Wähler den erstmaligen Sitzgewinn ermöglichen können. Diese knappen Resultate zeigen gleichzeitig auf, wie kostbar jede einzelne Stimme sein kann.
Erfolgreiche Listenverbindungen
Um das Optimum aus den guten Wahlergebnissen herauszuholen, ist die EDU Kanton Bern in acht Wahlkreisen eine Listenverbindung mit anderen Mitte-Parteien eingegangen und in einem Wahlkreis mit den bürgerlichen Parteien. Wie man der Grafik entnehmen kann, konnte die EDU im Wahlkreis Oberland einen zweiten Sitz machen, obwohl der erzielte Wähleranteil von 8,1% nur einen Sitzanspruch von 1,37 ergibt. Reststimmen der Listenverbindungspartner haben dies ermöglicht. Auch in Biel-Seeland, wo wir mit einem Sitzanspruch von 0,56 fast den Sitz gemacht hätten, wäre dies nur dank geschickter Listenverbindung möglich gewesen. Insgesamt kann man sagen, dass es ein gegenseitiges Geben und Nehmen war. Wir konnten eindeutig im Oberland profitieren, gleichzeitig haben unsere Reststimmen in den Wahlkreisen Mittelland-Nord, Biel- Seeland und Berner Jura dazu beigetragen, dass die EVP im ganzen Kanton nicht noch mehr als einen Sitz verloren hat.
Kurz nach den Grossratswahlen werden die ersten Vorbereitungen für die Nationalratswahlen vom Herbst 2023 beginnen. Die EDU wird sich mit vollen Kräften dafür einsetzen, den Wähleranteil weiter ausbauen zu können und den Sitz von Andreas Gafner zu verteidigen. ..
«Ich fühle mich geehrt…»
Grund zur Freude für die EDU im Oberland. Dominik Blatti erhielt bei seiner Erstkandidatur gleich 2’146 Stimmen und konnte einen zusätzlichen Sitz für die EDU gewinnen.
Im Interview blickt Dominik auf die Wahlen zurück und denkt voraus mit Blick auf sein neues Grossratsmandat.
Dominik Blatti, Thomas Kuhn (Fragen)
Dominik, nochmals herzliche Gratulation zum Grossratsmandat. Welche Erwartungen und Hoffnungen hattest du im Vorfeld der Wahlen?
Danke für die Gratulation, ich fühle mich geehrt, als Grossrat vom Berner Oberland im Rat Einsitz zu nehmen. Ich hoffte von Anfang an, dass wir einen zweiten Sitz für das Oberland gewinnen könnten. Aber dass dieser Sitz gerade für mich Realität wurde, freute mich umso mehr.
Was hat deine Familie zu deiner Wahl gesagt?
Natürlich haben wir das nicht erst nach der Wahl besprochen. Bevor ich mich entschlossen hatte, die Kandidatur einzureichen, habe ich das mit meinen Liebsten besprochen. Meine Familie, wie auch ich, haben Respekt vor einem solchen Amt. Meine Frau wie auch meine Kinder unterstützen mich in dieser Tätigkeit, wie das schon vorher im Beruf stattgefunden hat.
Was hat dich motiviert, dich für eine Kandidatur zur Verfügung zu stellen?
Schon länger engagiere ich mich in der Gemeinde- und Regionalpolitik. Ich bin motiviert, mit Menschen Ideen und Lösungen für unseren Kanton zu erarbeiten.
Kannst du deine verschiedenen Agenden wie Familie, Arbeit und politisches Engagement unter einen Hut bringen?
Wie schon am Anfang erwähnt, kann ich das nur dank meiner Familie und Gottes Hilfe. Im Geschäft habe ich ein motiviertes Team, das am selben Strick zieht wie ich.
Worauf freust du dich mit Blick auf deinen Start im Berner Rathaus?
Auf vieles… Besonders aber mit meinen Fraktionskollegen und meiner Fraktionskollegin über die Brennpunkte im Kanton zu sprechen.
Wovor hast du Respekt?
Mein Naturell will es möglichst allen recht machen. Aber wie ich das schon gelernt habe, ist das nicht immer möglich und da muss ich für mich einen Kompromiss finden.
Welche Anliegen willst du in die EDU-Fraktion wie auch in den Grossen Rat einbringen?
Als Holzbauunternehmer und Planer ist es mir ein Anliegen, unseren Rohstoff Holz noch mehr ins Blickfeld und zum Einsatz zu bringen.
Hast du ein Motto oder einen Leitsatz, von dem du dich in deiner politischen Arbeit inspirieren lässt?
Glaube ohne Werke hilft nicht, siehe Jakobus 2, 14 bis 17.
Was in den Wahlkreisen geschah
Wie verliefen die Wahlen für die EDU in allen 9 Wahlkreisen? Samuel Kullmann zeigt, welche Ergebnisse wo erzielt wurden.
Ein Gesamtüberblick zu den Wahlen
Samuel Kullmann, politischer Mitarbeiter
Oberland
Das Berner Oberland ist seit Jahrzehnten die politische Hochburg der EDU. In Gemeinden wie Adelboden (31 %), Oberwil (18 %), Frutigen (17 %) und St. Stephan (16 %) erzielt die EDU regelmässig Top-Ergebnisse. Im ganzen Wahlkreis konnte die EDU ihren Wähleranteil von 7,1 auf 8,1 % steigern. Jakob Schwarz konnte seine persönliche Stimmenzahl zum vierten Mal in Folge steigern und erreichte mit 4’013 Stimmen ein sensationelles persönliches Ergebnis. Im Oberland konnte die EDU klar von der Listenverbindung profitieren und durfte mit einem Sitzanspruch von 1,37 sogar zwei Sitze realisieren. Der neugewählte Dominik Blatti machte mit 2’146 Stimmen bei seiner ersten Kandidatur ein hervorragendes Ergebnis.
Thun
Wie im Oberland konnte die EDU auch im Wahlkreis Thun in fast allen Gemeinden teilweise sehr deutlich an Wähleranteil zulegen. Spitzenergebnisse gab es in Uebeschi (22 %), Homberg (21 %), Thierachern (14 %) und Wattenwil (12 %). Im Wahlkreis stieg der Wähleranteil von 5,6 auf 6,6 %. 27 % mehr Leute wählten EDU als bei den Wahlen 2018. Der persönliche Stimmenzuwachs von über 400 Stimmen ist eine grosse Ermutigung für die weitere Arbeit. Gemeinderat Ruedi Anken aus Uebeschi erhielt gleich bei seiner ersten Kandidatur fast 1’700 Stimmen und erreichte den ersten Ersatzplatz.
Emmental
Im Emmental konnte der Sitz von Ernst Tanner komfortabel verteidigt werden. Mit 3’382 Stimmen konnte er an seine früheren Spitzenergebnisse anknüpfen. Der EDU-Wähleranteil stieg von 5,5 auf 6 %. Besonders gute Ergebnisse erzielte die EDU in Rüegsau (17 %), Rüderswil (13 %), Röthenbach (12 %) und Trachselwald (12 %). Die Sumiswaldner Gemeinderätin Barbara Maurer schaffte mit fast 1’700 Stimmen den ersten Ersatzplatz.
Mittelland-Süd
Katharina Baumann konnte ihr persönliches Wahlergebnis mit 3’433 Stimmen nochmals deutlich steigern und auch der EDU-Wähleranteil stieg von 4,2 auf 4,6 %. EDU-Hochburgen waren die Gemeinden Oberhünigen (21 %), Herbligen (19 %) und Linden (14 %). Wichtig war jedoch auch, dass der Wähleranteil in der 42’000Einwohner zählenden Gemeinde Köniz von 1,2 auf 2,1 % gesteigert werden konnte. Wie 2018 erreichte der Landwirt Martin Stucki aus Guggisberg den ersten Ersatzplatz.
Oberaargau
Im Oberaargau und Berner Jura sind nur 12 Sitze zu vergeben, was zu einer hohen Wahlhürde von 7,7 % führt. Entsprechend stark waren die Bemühungen, den Sitz von Hansueli Grädel zu verteidigen. Obschon die EDU-Liste von 5 auf 5,6 % zulegen konnte, waren wir uns bewusst, dass selbst dieses gute Ergebnis nicht reichen würde. Zusammen mit den Listen «Die Musketiere» (1,6 %) und «Unabhängige Liste Oberaargau» (0,8 %) konnte jedoch ein Vollmandat erreicht werden. Top-Ergebnisse, inklusive Zusatzlisten, wurden in Reisiswil (30 %), Rohrbachgraben (30 %), Auswil (20 %), Huttwil (18 %) und Wyssachen (18 %) er-zielt. Auf dem ersten Ersatzplatz ist Alexander Grädel gewählt worden.
Biel-Seeland
So knapp hat die EDU wohl noch nie einen Sitz verpasst. Für die Wahl von Peter Bonsack fehlten der EDU 20,4 volle Listen. Die Unterlistenverbindung EDU-EVP machte knapp zwei Sitze, welche am Ende beide zur EVP gingen, da die EDU-Liste haarscharf nicht halb so stark war wie die EVP-Stammliste. Gute Ergebnisse machte die EDU in Kallnach (7 %) und Hagneck (6 %).
Mittelland-Nord
In diesem Wahlkreis konnte die EDU die Anzahl Wähler gegenüber 2018 um 28 % steigern, der Wähleranteil stieg von 1,5 auf 1,8 %. Ein halbes Prozent mehr Wähleranteil, oder zusätzliche 175 volle EDU-Listen, hätten den erstmaligen Sitzgewinn ermöglicht. Wie seit 2010 machte auch dieses Mal Lars Keller aus Münchenbuchsee das beste Ergebnis. Gute Ergebnisse machte die EDU in Ferenbalm (5 %), Bäriswil (4 %).
Berner Jura
Da die Wahlhürde mit 7,7 % am höchsten ist, traten EDU und EVP seit 2006 stets in einer Listenverbindung an, die immer gut einen Sitz ergab. Dieser ging 2006 an die EDU und seit 2010 an die EVP. Für die EDU bleibt die Ausgangslage dieselbe: Der gemeinsame Sitzgewinn geht an die stärkere Liste. Auch dieses Mal war es die EVP, die 1,7 % mehr Stimmen machte als die EDU. Das beste Ergebnis machte Bernard Gafner, der gleichzeitig in den Bernjurassischen Rat gewählt wurde. Gute Ergebnisse machte die EDU in Corcelles
(17 %), Sorvilier (16 %), Saules (10 %).
Stadt Bern
Nach dem Wegzug von Beat Gubser, der die EDU Stadt Bern während fast zwei Jahrzehnten geprägt hat, hat sich der Vorstand 2021 aufgelöst. Mit Ruhama Chernet Berhanu konnte eine motivierte Spitzenkandidatin gefunden werden, die ein gutes persönliches Wahlergebnis erzielen konnte. Ziel ist, dieses Jahr den Vorstand neu zu besetzen und Aufbauarbeit zu leisten, damit 2024 der Wiedereinzug in den Stadtrat möglich wird.
Die neue Sitzverteilung
Partei | Sitze | Veränderung | Wähleranteil % |
---|---|---|---|
SVP | 44 | -2 | 25.8 |
SP | 32 | -6 | 18.9 |
Grüne | 19 | +5 | 12.7 |
FDP | 18 | -2 | 11.3 |
GLP | 16 | +5 | 9.8 |
Mitte | 12 | -1 | 7.4 |
EVP | 9 | -1 | 5.6 |
EDU | 6 | +1 | 4 |
Übrige | 3 | +2 | 4.4 |
PSA | 1 | -1 | 0.3 |
Sitzansprüche

Sitzanspruch: Eine gebrochene Zahl, die angibt, wie die Parteiliste der EDU einen Sitz erreicht.
- 1 und mehr: Der Sitz wird aus eigener Kraft erreicht
- unter 1: In den Wahlkreisen Mittelland-Süd, Emmental und Oberaargau konnte trotzdem ein Sitzgewinn erreicht werden, obwohl der Sitzanspruch unter 1 liegt (Restmandate oder dank Listenverbindung).